Der Tag nach der ersten Nacht, in der es mir unmöglich war, überhaupt einzuschlafen. Ich musste mich zuerst an die laute Umgebung und die extrem undichten Hotelfenster gewöhnen. Alte Gebäude haben zwar ihren Charme, doch nachts, wenn die Katzen die Dächer und Motorradfahrer die Piste beherrschen, wird es laut. Aber – sollte mir das nicht egal sein? Ja, es sollte. Den Preis war ich jedenfalls bereit zu zahlen.
Die ersten Eindrücke von Bari ließen mich schon viel Gutes erahnen. Die Architektur, entweder staufisch, romanisch, heller, in Quader gehauener Stein – die raue Schönheit des Südens. Oder Jugendstil und etwas Klassizismus. Ich war mir sicher, heute würde ich mich daran satt sehen können. Auch der Besuch in einer der bekanntesten Buchhandlungen, ‚Fertrinelli’, stand auf dem Programm.
Das Frühstück durfte ich ganz alleine zu mir nehmen. Die wenigen Gäste waren schon längst unterwegs. Aber, aber – ich war ja im Urlaub. Also trank ich den Cappuccino und aß ein Stück Kuchen, bevor ich mich aufmachte, die Stadt zu erkunden.
Zuerst die Universität Aldo Moro, da sie sich in der Nähe befand. Ein Gebäude im Stil der Moderne, ein Platz davor mit einigen Bäumen und aus Beton geformten riesigen Quadern. Hier zu verweilen? – Nicht unbedingt. Ich konnte spüren, dass sich noch etwas darunter befand: Die Erde bebte leicht und an manchen Stellen hörte ich das Rauschen gepumpter Luft. Eine Stadt unter der Stadt? – Und da sah ich schon die Einfahrt in die Tiefgarage. Sehr vernünftig gebaut – unter der heißen Sonne des Südens werden zumindest Autos auf diese Weise kühl gehalten. Wer es warm haben möchte, der kann sein Vehikel natürlich in der prallen Sonne parken.
Ein paar Schritte weiter landete ich vor einem der Eingänge zu einem noch größeren Gebäude. Da musste ich einfach hinein. Es war das Hauptgebäude der 1925 von Mussolini eröffneten und bis 1943 seinen Namen tragenden Universität mit einem schönen Innenhof und den Arkadengängen, wie man sie häufig in Italien antrifft. Heute trägt die Uni den Namen des von Roten Brigaden ermordeten italienischen Politikers und davor Juraprofessors an der Uni in Bari. Seine Ermordung ist bis heute nicht ganz aufgeklärt worden – da bekommt man schon ein komisches Gefühl, wenn man das Unigebäude betritt.
Von dort nur ein Katzensprung zum Hauptbahnhof. Eigentlich sollte man die Besichtigung einer jeden Stadt am Hauptbahnhof beginnen. Man wandert so durch Epochen und Stile. Häufig beginnt der Gang allerdings in einem Armenviertel oder einer Gegend voller Krimineller – typisch für die meisten Bahnhofsviertel der Welt. Stazione Bari Centrale im Rücken, schaut man auf einen Platz mit einem die Sicht dominierenden Springbrunnen. Man sollte ihn umgehen und weiter geradeaus zum Platz vor der Uni gehen. Ein schneller Rundum-Blick und schon glaubt man zu wissen, dass Italien tatsächlich das erste Land ist für Flüchtlinge, die nach Europa gelangen wollen. Menschenmengen, jung und alt, schlendern unter den Bäumen, die einen essen eine Kleinigkeit, die sie aus ihren Taschen hervorgeholt haben. Die anderen rauchen scheinbar gelassen eine Zigarette, doch ihr Blick ist wachsam. Weiter gehen.
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