Cefalù ist, platt ausgedrückt, eine Reise wert. Platt ist es aber nicht, im Gegenteil. Nach einer Stunde Autobahnfahrt, meistens in zahlreichen Tunnels, die die Strecke sogar an einem heißen Tag erträglich machten, erschienen die ersten Felsen von Cefalù. Der Name Cefalù geht auf Kephaloidion, Spitze, zurück und betrifft den großen Felsen, der die Ortschaft beherrscht. Und unten hockt die Stadt, uralt, noch griechisch, mit ihrem Duomo, einem im 12. Jahrhundert auf Geheiß von Roger II. erbauten Dom. Die Türme des Doms wirken wie Eltern, um die herum sich ihre kleinen Kinder scharen. Das sind die Häuser der Altstadt.

Der Dom ist durch die größte Darstellung des Christi Pantokrators in der westlichen Welt bekannt geworden, der die Kuppel der Chorapsis ausfüllt. Goldene Mosaiken zeigen Seraphim und Herubim, Schriftzüge in Griechisch und Latein säumen die Darstellungen. Sonst ist die Kirche sehr bescheiden ausgeschmückt. Als reichte das Gold nur für den Chor. Doch diese Mauer, die alte hölzerne zurückhaltend verzierte doppelflügelige Tür erzählen Jahrhunderte alte Geschichte, die gehört werden will. Aber es ist wieder das Drumherum – die Steine, die sich harmonisch in die Umgebung fügen, die mit dem Dom zusammen so einmalig sizilianisch wirken. Das macht die Architektur auf der Insel überhaupt erst aus – diese Harmonie der beiden Welten: Natur und Architektur. Jede einfachste Ruine sieht atemberaubend aus, so dass man selbst gerne eine hätte, aber – ich bitte Sie: Was wollen Sie damit? Ist anschauen zu wenig? Muss man denn alles direkt besitzen? Bedenken Sie die Restaurierungskosten, die Arbeitszeiten, die klimatischen Bedingungen – und lassen Sie es sein. Schauen Sie sich satt, so dass es bis zum nächsten Sizilien-Besuch reicht.

Die emsigen Restaurantbesitzer auf der Piazza vor dem Dom wissen, was zu tun ist: Acht Euro für einen Eisbecher mit Schlagsahne und Schirmchen. Zugegeben, das Eis schmeckte sehr gut, aber wie teuer war eigentlich das Schirmchen?
Cefalù liegt auf einem Landesvorsprung ins Meer und das Meer wollte heute wieder mal an Land gewinnen; die Wellen, die an den Felsen zerschellten, jagten Fontänen in die Höhe, das Wasser blieb immer brausig, es kam nicht zu Ruhe – ein Naturereignis, vor dem ich verharrte, flach atmend, Augen weit aufgerissen. Wie lange? Ich weiß es nicht. Ich wusste auch nicht, ob es besser wäre, die Wucht des Meeres, die sich in den Wasserfontänen ergoss, aufzunehmen, oder die Kamera zu verstecken und einfach nur dem Spektakel zuzuschauen. Eines jedoch war mir schnell klar: nicht jede Stelle war günstig, um dort länger zu verweilen. Wasserfontänen ergossen sich nämlich mit Vorliebe über diese Stelle, an der ich gerade stand. Prinzip „Catch 22“? Was auch immer für ein Prinzip es war, das war zwar gut für die Haut, aber nicht gut für die Kamera.

Die Altstadt von Cefalù ist voller Souvernirläden, Restaurants und Hotels, die Einwohner hatten sich bereits vor Jahrzehnten auf Touristen eingestellt. Sie sind ihre einzige moderne Beute, ihre einzige Einkommensquelle. Was sollte man da machen? Wir schlenderten durch den Ort, schauten uns den ganzen Touristentand an und machten uns auf den Weg – zurück in unser kleines und verstecktes Naso. Es wurde auch langsam Zeit, denn es war ja nie klar, wann man da wirklich ankommen würde. Eine nette Rückreise könnte zum Beispiel spontan in einem Stau ihr vorübergehendes Ende finden, oder an einem unpassierbaren Abschnitt zur Umkehr und Suche nach besserem Weg zwingen.

Fröhliche Geschichten erzählend zogen wir die Strada Statale 113 zurück, bis der niedrige Benzinstand sich durch ein Blinken bemerkbar machte. Das Benzin durfte noch für 50 km reichen. Das war die aus der bisherigen Erfahrung gekannte Strecke. Die fröhliche Stimmung nicht mehr lange an. Eine einzige Tankstelle, die auf dem Weg war, und die unser GPS – mit Recht – nicht fand, sollte eine moderne Self-Service-Lösung darstellen. Und sie funktionierte wie immer, wenn man sie brauchte, also nicht. Das berühmte, der jüngeren Generation wohl aus einem Werbespott bekannte Lied von Fats Domino „I’m walking down the Street, I’m walking, yes indeed…“ erlebten wir nun live. Gut. Auch gut, dass Sizilianer freundliche und hilfsbereite Menschen sind – eine halbe Stunde und zwei Kilometer über die Strada Statale 113 – und die Fünf-Liter-Benzin-Kanisterfüllung fand ihren Platz in unserem Tank.
Ein kleines Abenteuer, gerade klein, um die Stimmung nicht zu trüben, aber groß, um sofort (!) tanken zu fahren – und zwar voll! Das sollte uns nicht noch einmal passieren, und schon mal gar nicht auf kleineren Wegen, wo kein Mensch weit und breit! Diesen Tag beendeten wir bei Eugenio – mit einem ausgezeichneten Primo Piatto. Für mehr gab es wieder mal keinen Platz. Danach ein Digestivo in der Bar I Pontici. Na klar.
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