Gegessen und getrunken – alla siciliana


Das Wetter, welches uns am Anfang des Urlaubs so verwöhnte, schlug nun völlig um. Einen verregneten Tag in Naso nahmen wir als eine Gelegenheit, richtig zu entspannen, dankbar entgegen. Unser schönes kleines Ferienhaus war gut ausgestattet. Im Salottino stand ein großer Ohrensessel, in dem Fred mit einem Buch in der Hand döste, während ich mich auf dem Sofa installierte, das Notebook auf dem Schoss. Ich schrieb meine Reisenotizen und hörte zu, wie die sizilianischen Regentropfen nicht aufhören wollten – und das seit mehreren Stunden! –, mich an das Wetter in Deutschland zu erinnern. Vielen Dank! Echt!

renaac: Nach dem Regen kommt der Sonnenschein. Immer. Hier.
renaac: Nach dem Regen kommt der Sonnenschein. Immer. Hier.

Die Bewohner von Naso waren im Allgemeinen sehr kommunikationsfreudig. Auch wenn man als Tourist nicht zu der lokalen Community gehörte, wurde man schnell akzeptiert. Man wohnte ja in der Casa von deren Freunden oder Nachbarn, also schon dadurch gehörte man irgendwie doch dazu. Eine Nachbarin sprach mich heute Morgen an, wir hätten uns bereits gesehen. In I Portici. A ja, si, si … Ähm? Das mochte natürlich sein, ich durchsuchte mein löchriges urlaubsträges Gedächtnis und fand schließlich eine schemenhafte Gestalt, die mir gestern Morgen einen Panino tostato zubereitet hatte. Gestern hatte ich ihn noch in einem Körbchen serviert bekommen, nun am heutigen Tag, aber etwas später und da wir uns ja bereits kannten, drückte sie mir meinen Panino direkt in die Hand: „Mare e Monti!“, lächelte sie. „Grazie tante!“, lächelte ich zurück.
Ein Mädchen, wahrscheinlich ihre Tochter, brachte uns Cappuccino. Beide wussten mittlerweile, dass wir immer je zwei Cappuccini und einen Panino nahmen. Die Mamma half ihr hin und wieder dabei. Manchmal hatte das durchaus positive Konsequenzen, weil die Panini dadurch an Qualität gewannen. Unser Stammplatz befand sich am Fenster, von welchem aus sich ein wunderbares Panorama auf die Hügel im Süden erstreckte. Dort stand eine kleine Kuschelbank, unsere Mini-Loggia. Beim Betreten der Bar bestellten wir unser Frühstück. Dann griff ich nach der lokalen Zeitschrift, teilte sie gerecht zwischen Fred und mir auf und machte es mir auf der Bank bequem. So dürften die Tage immer beginnen.

renaac: Piazza vor der Bar I Portici ist auch abends nicht ohne
renaac: Piazza vor der Bar I Portici ist auch abends nicht ohne

In diesem kleinen Naso – man darf staunen – gab es zwar mehrere Bars, doch keine war uns so ans Herz gewachsen wie die Bar I Portici. Nicht unbedingt aufgrund einer Empfehlung, eher wegen des Angebotes: Hier begannen unsere Urlaubstage – eben mit Cappuccino, Panino und „Corriere del Sud“.
Die Lektüre von „Corriere del Sud“ begann ich selbstverständlich mit der vorletzten Seite, auf der sich das Tageshoroskop befand. Letztendlich wollte ich wissen, was mich an dem Tag erwartete und was ich zu tun hatte. Danach kamen Lokales und Kultur. Die Welt, auch Deutschland, interessierte mich nicht – ich war ja im Urlaub. Alles andere, was ich im Stande war zu verstehen, las ich genüsslich bis zum Ende. Fred konzentrierte sich dagegen auf den Weltpolitik- und den Wirtschaftsteil. Auch im Urlaub wollte er mit seinen Ratschlägen und Kommentaren die Welt retten. Unglaublich!

renaac: Meine Lesebank!
renaac: Meine Lesebank!

Wir waren beileibe keine Frühaufsteher, aber, wie es sich dann herausstellte, gab es in Naso einige, die wohl noch später den Tag begannen. Diese kamen in die Bar eine halbe Stunde nach uns. Und wer später in die Bar kam, musste – zumindest auf den Lokalteil – warten. Nur unsere Nachbarin, die uns die Panini zubereitet hatte, durfte hin und wieder dazwischen greifen, wenn sie einen Teil eben schon mal haben wollte und merkte, dass einer von uns ihn abgelegt hatte. Und es war vollkommen in Ordnung, wie kannten uns ja bereits.

rennac: Der geheime Gang ins Eugenios Ristorante
rennac: Der geheime Gang in Eugenios Ristorante

Heute Abend aßen wir bei Eugenio tolle Kalbs-Involtini und lernten seinen dritten Digestivo kennen. Dann beschlossen wir hier in Sizilien zu bleiben – es gab noch so viel in dieser Hinsicht auszuprobieren – alles lecker und alles mit seiner ganz speziellen Geschichte.
Es ist schon merkwürdig, was Sizilianer aus verschiedenen Pflanzen, die ihnen zur Verfügung stehen – oder wuchern – machen und wie sie mit ihnen umgehen. Scheinbar kümmern sie sich gar nicht um das Grünzeug. Alles wächst alleine prächtig und muss nicht so gehätschelt und getätschelt werden, wie jeder popelige Kaktus in Deutschland. Und dann kommt die Zeit der Ernte. Aus jeder Pflanze lässt sich dann immer etwas auswringen, jede zu einem Digestivo verarbeiten: Wachholder, Lorbeer, Ginster und die vielen Kräuter! Und alles schmeckt ausgezeichnet. Ich konnte natürlich nicht widerstehen – mit den Magenproblemen, die ich hatte – oder zu haben glaubte. So trank ich mich schmatzend durch die ganze Palette, und es wurde nur noch schwieriger, sich für einen Lieblingsdigestivo zu entscheiden. Es blieben mir aber noch ein paar Tage, um die richtige Entscheidung zu treffen.

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