Tefaf Maastricht – die Sucht


Die Maastrichter Tefaf ist dieses Jahr am 19. März zu Ende gegangen und ich freue mich schon auf die nächste. Diese Kunstmesse, die seit 1988 jedes Frühjahr in Maastrichter MECC stattfindet, hat mich erwischt. Ich fürchte, dass sich das zur Sucht entwickeln wird, vielleicht schon entwickelt hat. Aber seht ihr selbst:

tefaf_17_entreDie Tefaf begrüßt den Besucher mit einem Blumenregen, und es gibt kaum einen, der sich nicht davor fotografieren (lassen) will.

Ein Besuch auf dieser Kunstmesse ist wie in hundert Museen mit nur einer Eintritskarte und der Lizenz zum Fotografieren. Ja, auch das. Wie Weihnachten und Ostern zusammen – und genauso anstrengend.

Am Sonntag, dem letzten Messetag, hat man sieben (!) Stunden, um das enorme Kunstangebot anzusehen. Es ist nicht zu schaffen, glaubt mir. Der Spruch „Nichts ist unmöglich“ gilt hier nicht. 275 Aussteller, 71.00 Besucher, Kunstobjekte aus sieben Jahrtausenden vermag wohl keiner zu zählen.

Nach dem ersten Besuch 2016 dachte ich, ich wüsste schon, wie ich vorgehen sollte, um schnell das (Meiste!) zu finden, was ich sehen wollte. Ich druckte mir also im Vorfeld den Ausstellungsplan und markierte die Bereiche Papier und Painting, um mich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Neben Grafik wollte ich auch einen de Heem erleben. Mindestens einen.

Die Grafik-Abteilung überwältigte mich jedoch so mit ihrem Angebot an Bekanntem und Unbekanntem, dass ich das Zeitgefühl verlor. Auch wunderschöne alte Karten etwas abseits im Durchgangsbereich zogen mich in ihren Bann. Man vermag nicht zu erahnen, wie viel Mühe sich damals die Kartographen gegeben hatten, um Belgien in einen Löwen zu zwängen und entlang des Kartenrahmens noch wichtige Persönlichkeiten anzubringen. Alles in Feinstarbeit.

tefaf_leo_belgicus

Manchmal erlebte ich ein Wiedersehen – weil ein Bild auch schon 2016 ausgestellt gewesen war. Umso schöner für mich. Der Kauf überstieg zwar meine finanziellen Möglichkeiten, aber Betrachten ist ein bisschen wie Besitzen. Vielleicht vertrat auch der Aussteller diese Meinung und konnte sich von dem Werk nicht trennen. Wie im Fall des sitzenden Akts des Londoner Künstlers Austin Osman Spare. Wer weiß das schon?

spare_nude_akt

Nach zwei Stunden in der Grafik- und Papierabteilung war ich ausgetrocknet und ziemlich lost in Space. Mein Interesse an Kunst erreichte nahezu den Null-Punkt und mein Selbserhaltungstrieb schrie nach Verstärkung. Bei Pane et Vino, das erstere aus eigener Erzeugung, wie mir der Kellner versicherte – lauschte ich Gesprächen der Tischnachbarn über Kauf und Verkauf von Kunst, über die üblichen Geschäfte, die im Hintergrund liefen, und verstand kein Wort. Ich war und bin es immer noch: Anfängerin und eher ohne Kaufabsichten.

Die witzige Darstellung des seinerzeit berühmten Virtuosen des Kontrabasses Giovanni Bottesini von Jean-Pierre Dantan zeigte, dass man es auch im 19. Jahrhundert wohl wusste, die Liebhaber beider Künste – der Musik und der Malerei – zu amüsieren.

tefaf_bottesini_dantan

Nun machte ich mich auf die Suche nach einem de Heem. Warum de Heem, und genauer gesagt, Jan Davidsz(oon) de Heem? Um eines seiner Stillleben geht es in meinem nächsten Kriminalroman. Dieser niederländische Maler aus dem 17. Jahrhundert war nicht nur damals einer der besten in seinem Genre. Man möge ihn jedoch nicht mit seinem Bruder verwechseln, der gerne auch porträtierte.

Wie auch immer, ich musste meinen echten de Heem finden. Und plötzlich erblickte ich ihn. Das musste Er sein. Das Gemälde war einfach zu Heem-isch. Dieser saftige Granatapfel, die Trauben, die Pfirsiche – ach, Früchte aus dem Paradiesgarten! Essen oder doch nur betrachten? Na ja, wie immer: nicht anfassen.

tefaf_de_Heem

Bei so viel spannender Kunst und mit wachsender Müdigkeit muss die Wahrnehmung verstumpfen, und so erging es mir. Irgendwann schien mir sogar ein van Gogh genauso spannend wie eine Bank, auf die ich mich endlich setzen konnte. Dann betrachtete ich Menschen, die noch Kraft hatten, all die Werke zu betrachten und zu wandeln, und ich beneidete sie. Es gab noch so viel zu sehen.

Der einzige Trost war mir, dass nicht alles verkauft und ein Wiedersehen im nächsten Jahr sehr, sehr möglich würde.

Und wenn mir einmal eine wertvolle chinesische Vase kaputtgehen sollte, wusste ich jetzt auch, was ich mit den Scherben machen sollte:

tefaf_vase

Zum Schluss, mit wildem Blick in den Augen, zerzaustem Haar und platten Füßen hatte ich doch noch die letzte Kraft, die hängenden Blumen zu fotografieren.tefaf_ende

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